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Ein Beispiel für Weisheit







        Stellt mir jemand zum Beispiel in   Je nachdem wird meine Antwort       Position besitze, ohne dass ich aus-
        der Pause eines Seminars die Fra-   anders ausfallen, ohne dabei meine   schließe, dass ich sie einmal verän-
        ge: „Was denkst du über Eheschei-   eigene Position zu verbergen.       dern könnte.
        dung?“, dann lege ich nicht einfach   Und egal, was der Hintergrund der
        mit der Kurzfassung meines theolo-  Frage ist, möchte ich mit Respekt   Und: Ich werde sagen, dass ich mei-
        gischen Standpunktes los.           vor der einzigartigen Situation mei-  ne geäußerte Meinung als begrenzte
                                            nes Gegenübers und mit Wertschät-   Anregung verstehe, weil jede Le-
        Als erstes werde ich versuchen, mir   zung antworten.                   benssituation einzigartig ist.
        ein Bild von der Situation des ande-
        ren zu machen:                      Gleichzeitig werde ich auch anfügen,
        Ist er oder sie selbst geschieden oder   dass ich selbst mit diesem Thema in
        steckt in einer Ehekrise?           meinem Umfeld und in der Bera-
        Geht es mehr um eine Frage, die die   tung wenig Erfahrung habe und dass
        eigenen Kinder oder Freunde be-     noch einige Fragen für mich offen
        trifft, oder ist es ein Pastor, der dar-  sind. Wobei ich innerlich schon eine
        über predigen soll?                 überlegte Überzeugung von meiner




        Was Freunde von dieser Antwort halten, könnt ihr hier lesen:



















        „Mir gefällt der Ansatz 'schnell zum   „Wenn es so klappt, finde ich das geni-  „Zu den ersten Fragen (sich ein Bild
        Hören' zu sein. Sich erst ein Bild der   al. Also sehr weise. Besonders der Ab-  von der Situation machen) fände ich
        Zusammenhänge zu machen, die ei-    schluss gefällt mir: dass es begrenzt ist   noch hilfreich zu erfahren, ob der Be-
        genen Grenzen der Erkenntnis wahr-  und für jetzt gilt. Diese ganzen Mög-  treffende aus einer Scheidungsfamilie
        zunehmen und das Gegenüber, den     lichkeiten aber, wer mein Gegenüber   stammt, d.h. selbst Betroffener war.
        Menschen in seiner Einzigartigkeit, zu   ist, in so kurzer Zeit zu erfassen, wirkt   Dann fände ich es aufschlussreich,
        würdigen. Unter diesen Umständen    auf mich etwas unrealistisch.“       zunächst zu erfahren, mit welcher Ziel-
        hat die Antwort auf die Frage vielleicht   (Andreas)                     richtung er fragt. Und warum wendet
        eher einen Erkenntnisgewinn als eine                                     er sich mit der Frage ausgerechnet an
        weniger bedachte Äußerung. Finde                                         mich? Weiter: Was denkt er selbst dar-
        ich gut."  (David)                                                       über? Hat er für sich Antworten entwi-
                                                                                 ckelt? So könnten die Ausführungen in
                                                                                 einen noch größeren Rahmen gestellt
                                                                                 werden. Vielleicht entwickelt sich ja
                                                                                 auch eine fruchtbare Diskussion mit
                                                                                 gegenseitiger Horizonterweiterung?
                                                                                 Und schließlich – ja: Unser Erkennen ist
                                                                                 Stückwerk...“  (Renata)



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