Page 47 - Gehaltvoll 7.1
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Der ge|halt|volle Begriff 7.1/////////////////////
Gewinnreicher Verzicht
Verzichten ist nichts Negatives, ist Wenn wir verzichten um Jesu Nicht jeder kann sich schon jetzt
keine Strafe. Es ist kein Resignie- willen, werden wir etwas Besseres im Geiste ausmalen, was einmal in
ren, dass man eben der ist, der im- (100-fach) bekommen! der Zukunft sein wird, wenn an die
mer zu kurz kommt. In dieser Zeit (Mk 10,30)! Nicht Stelle des Verzichts etwas Positives
Der Gott, dem alles gehört, der erst in der Ewigkeit! mit reichem Gewinn treten soll.
alles hat, definiert sich nicht über Dieses Bessere ist eine Frucht der
sein Haben oder Tun, nicht weil Gnade! Ich erinnere mich, wie ich so einen
ihm das alles gleichgültig wäre, Sich gegen den Gewinn vor Augen Verzicht einmal bezüglich meiner
weil ihm das alles ein Nichts ist, zu entscheiden, ist ein Vertrauens- Vorliebe erlebte, gelegentlich zum
sondern weil er verzichten kann schritt auf Gott zu. Mittagessen ein Glas Rotwein zu
aus Liebe: „Er verzichtete auf alle trinken. Überraschend verspürte
seine Vorrechte und stellte sich auf Worauf können oder sollten wir ich im Gebet, aufs Weintrinken
dieselbe Stufe wie ein Diener. Er verzichten? „Um meinetwegen verzichten zu sollen. „Warum denn
wurde einer von uns – ein Mensch und um des Evangeliums willen“, das, ich trinke doch gar nicht viel?“
wie andere Menschen“ (Philipper was das konkret bedeutet, mag von Das waren meine ersten Gedanken,
2,7), blieb aber Gott. Aus Liebe zu Person zu Person unterschiedlich aber als mir dann deutlich wurde,
uns verzichtete er bis in den Tod. sein. Sogar als Christen haben wir dass ich in dieser Gewohnheit eine
„Was ist das, eine Kinder-Weisheitsschule?“ Auch wir können im Verzichten unterschiedliche ethische Vorstel- "Weinseligkeit“ suchte, war ich
lungen.
zutiefst betroffen. Ich wollte nicht
erfahren, dass wir nicht unterge- Einig können wir uns sein, auf das weinselig sein, sondern geistselig!
hen, sondern ganz im Gegenteil, zu verzichten, was uns selbst oder Und ich legte mich fest, ein Jahr
dass sich wirkliches Leben entfal- anderen schadet. lang keinen Wein zu trinken.
tet. Gewinnreicher Verzicht. Nun zum Gewinn, den ich gar
Ohne den Bezug zu Gott ist es oft nicht erwartet hatte.
„Es ist niemand, der Haus, ... ver- keine einfache Aufgabe, über die Ungefähr einen Monat später fing
lässt um meinetwegen und um des Frage des Verzichts um eines höhe- ich völlig überraschend an, mein
Evangeliums willen, der nicht hun- ren Wertes willen zu ringen. erstes Gedicht zu schreiben und
dertfach empfange: jetzt in dieser Was könnte dieser Wert sein? Be- damit begann eine fünfzehnjähri-
Zeit ... mitten unter Verfolgungen rufliche Karriere? Soziale Anerken- ge „Lyrikerkarriere“ mit einer Un-
- und in der zu künftigen Welt das nung? Eine bessere Gesellschaft? menge positiver Erfahrungen. Ich
ewige Leben.“ (Mk 10, 29. 30) Irgendeine Belohnung? kann niemand beweisen, dass dies
Nicht jeder ist fähig, auf die au- der Gewinn für den Verzicht auf
Ich will (auf gewisse Gewinne) ver- genblickliche Befriedigung von Wein war, aber persönlich bin ich
zichten – um des Reiches Gottes Bedürfnissen, auf augenblickliche davon überzeugt. Das war ein ge-
Willen. angenehme Gefühle zu verzichten winnreicher Verzicht damals!
Und Jesus gibt hundertfach zu- und diese für länger, ja sogar auf
rück. unbekannte Zeit aufzuschieben.
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